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Role Models für Gründerinnen: Elena Margulis und Nijuscha Gruhn

Elena und Nijuscha
Njiuscha Gruhn und Elena Margulis

Bald steht wieder einmal der Female Founders Day an. Am 12. Oktober 2023 richtet der Startupservice der Humboldt-Universität zu Berlin dieses besondere Event gemeinsam mit Science & Startups zum dritten Mal aus. Mit dem Event möchte die HU dazu beitragen, dass das Thema der weiblichen Gründung auf der politischen, universitären sowie gesellschaftlichen Ebene verstärkt verankert wird.

Gründer:innen und solchen, die es werden wollen, soll eine Plattform für Austausch, Networking und Empowerment geboten werden. Teilnehmer:innen erwarten inspirierende Keynotes, Safe Spaces zu unterschiedlichen Themen und informative Workshops. Zudem wird es (zukünftigen) Female Founders durch eine Open Pitch Stage ermöglicht, ihre Startup-Idee zu präsentieren und auf diese Weise die Präsentation vor potenziellen Partner:innen und Investor:innen zu trainieren. Darüber hinaus können sich Teilnehmer:innen auf eine spannende Paneldiskussion mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft freuen.

Das diesjährige Motto ist „Sichtbarkeit“

Mit der Veranstaltung sollen Frauen zur Gründung inspiriert und ermutigt werden, denn weibliche Gründung hat leider immer noch Seltenheitswert: Die Gründungsquote von Frauen ist mit 17,7% nicht einmal ansatzweise so hoch wie die von Männern. Um das zu ändern, ist es das erklärte Ziel der Universität, Gründerinnen und ihre Unternehmen sichtbarer zu machen. Deswegen steht dieses Jahr alles unter dem Motto „Sichtbarkeit“.

Angehende Gründerinnen benötigen Role Models, um den Schritt zur Gründung zu wagen. Zwei solcher Role Models sind die Gründerinnen Elena Margulis und Nijuscha Gruhn, die über den Startupservice der Humboldt-Universität in ihren Unternehmensgründungen gefördert worden sind und denen wir einige Fragen stellen konnten.

Elena ist seit über 10 Jahren in der digitalen Startup-Szene aktiv und hat drei Unternehmen mitgegründet. Nach dem Studium in Wien, London und Kopenhagen zog es Elena in die Berliner Startup-Szene, wo sie recht schnell Managementverantwortung übernahm. Nach kürzeren Abstechern in die Konzern- und Beratungswelt, machte Elena sich mit 29 Jahren mit ihrer ersten Firma selbständig. Sie arbeitet als Mentorin im Rahmen des Humboldt-Innovation Mentoring Programms und ist eine Verfechterin für mehr Frauen in der Gründungswelt.

Nijuscha ist Berlinerin, hat in ihrer Heimatstadt Ingenieurwissenschaften sowie Biotechnologie studiert und in Molekularer Biologie promoviert. Nach einiger Zeit im Angestelltenverhältnis bemerkte sie, dass ihr etwas fehlt und setzte die Entwicklung ihres Startups DermaDigital UG fort. Jedoch wechselte sie diesmal die Perspektive und entschied sich dazu, als Business Angel am Startup-Leben teilzuhaben. Nijuscha ist außerdem Ambassador für Health Tech beim Humboldt Founders Club, das Business-Netzwerk für Gründer:innen aus dem Umfeld der Humboldt-Universität.

Was ist die Aufgabe eines Business Angels?

Nijuscha: Ich glaube, die Aufgabe eines Business Angels ist, zu helfen. Für mich bedeutet es, Gründern in dieser hektischen Phase den Rücken zu stärken und ihnen zu sagen, dass andere vor ihnen das geschafft haben und sie es auch schaffen werden. Außerdem helfe ich ihnen bei verschiedenen Angelegenheiten und ermutige sie, ein gutes Netzwerk aufzubauen, um immer jemanden zu haben, den sie fragen können und dem sie vertrauen.

Ich finde es mutig, dass du dich als Frau als Business Angel engagierst, obwohl bei solchen Veranstaltungen meistens viele Männer und wenige Frauen anwesend sind.

Nijuscha: Ja, es ist nicht immer meine Wohlfühlumgebung, aber das hält mich nicht davon ab, so zu handeln, wie ich es für richtig halte. Ich gehe nicht zu jedem Netzwerktreffen, weil ich mich nicht wohl genug fühle oder weil ich denke, dass ich erstmal abwarten muss, was in der Startup-Szene und Wirtschaft passiert. Ich gehe lieber mit Geduld und Spucke voran und investiere nicht gleich einen großen Batzen Geld in tausend Tickets. Aber ich finde, dass Gründerinnen die Unterstützung verdienen, deshalb bin ich Business Angel. Ich wurde auch immer unterstützt, wenn ich Fragen hatte, also ist es eine Möglichkeit, das zurückzugeben.

„(…) ich finde, dass Gründerinnen die Unterstützung verdienen, deshalb bin ich Business Angel.“

Welchen wichtigen Tipp oder Ratschlag möchtet ihr anderen Gründerinnen mit auf den Weg geben?

Elena: Legt den Perfektionismus zur Seite. Es wird nie den Moment geben, wo alles perfekt ist und keiner braucht perfekt. Lernt schnell Entscheidungen zu treffen und nicht weiter darüber nachzudenken. Wir müssen den Anspruch, den wir sonst an uns haben zur Seite legen, weil ansonsten einfach die Kapazität fehlen wird, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Eine andere wichtige Sache, die ich Gründerinnen mitgeben würde, ist, eine Firma aufzubauen, die weitaus mehr als „nur” ein gutes Produkt ist. Haltet eure Finanzen stets im Blick, setzt euch mit eurer Brand ordentlich auseinander und vernachlässigt das Hiring nicht – holt euch gute Leute rein, macht hier keine Kompromisse!

„Die Zeit fürs Grübeln ist vorbei, die Zeit fürs Handeln beginnt.“

Nijuscha: Mein Tipp ist: Einfach machen. Ich bin ein Listenmensch und wenn eine Aufgabe zu groß erscheint, erstelle ich eine Liste mit kleinen Schritten und dann geht es los. Das ist der Schlüssel, um voranzukommen. Die Zeit fürs Grübeln ist vorbei, die Zeit fürs Handeln beginnt. Es gibt die Planungsphase und die Umsetzungsphase, und wenn man die Rollen als Planer und Umsetzer klar voneinander trennt, ist man produktiver.

Was empfindet ihr als größte Hürde beziehungsweise als größte Herausforderung, wenn man als FLINTA* gründet? Und wie habt ihr es geschafft, diese Herausforderung zu überwinden?

Elena: Die Startup-Welt ist immer noch eine man’s‘ world. Sowohl die meisten Gründer als auch Investoren sind männlich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir uns immer noch verbiegen – sei es auch nur unterbewusst, um in diese Welt reinzupassen – wir denken, wir müssen lauter, härter, weniger emotional sein. Das drückt auf die Psyche.

Und Gründen ist schon hart genug, da brauchen wir all die Energie, um uns darauf zu fokussieren. Ich glaube fest daran, dass Frauen anders gründen und anders führen. Doch wenn weiterhin das Ideal der schnellen “Aufrüstung” bleibt: Hauptsache viele Mitarbeiter und viel Venture Capital Geld. Dann wird es viel schwieriger werden, dass andere Ansätze sich auf dem Markt beweisen können. Auch habe ich das Thema Netzwerken unterschätzt. Was ich beobachte, ist, dass es Frauen oft schwieriger fällt, ein Netzwerk aufzubauen und dann davon Gebrauch zu machen. Ich sehe viele “Boys Clubs”, die noch zu Unizeiten oder in den ersten Berufsjahren entstanden sind und sie nutzen jede Gelegenheit, sich gegenseitig auf der Karriereleiter weiterzubringen.

„Ich sehe viele „Boys Clubs“, die noch zu Unizeiten oder in den ersten Berufsjahren entstanden sind und sie nutzen jede Gelegenheit, sich gegenseitig auf der Karriereleiter weiterzubringen.“

Nijuscha: Ich glaube, ich habe die größte Hürde nicht überwunden. Was ich gemacht habe, ist, dass ich mir bewusst einen Partner gesucht habe, von dem ich wusste, dass er in der männerdominierten Geschäftswelt gut ankommt. Das hat auch funktioniert, aber die Kehrseite davon war, dass ich dabei Teile von mir selbst zurückgehalten habe. Ich habe nicht zu Ende gesprochen, und das war bewusst so, weil ich dachte, es würde besser funktionieren, wenn ich mich anpasse. Aber ich habe gemerkt, dass es nicht mein Spiel ist.

Warum möchtet ihr Vorbilder als Gründerinnen sein?

Elena: Was ich aktiv zu einer Vorbildwirkung beitragen kann, ist, dass ich meine persönlichen Erfahrungen teile und denjenigen Unterstützung anbiete, die davon profitieren könnten. Und das versuche ich sowohl in meinem privaten als auch in meinem beruflichen Umfeld. Und wenn ich damit nur ein wenig Angst nehmen und Mut geben kann, dann ist es doch ein wahnsinniges Gefühl.

Gibt es etwas, das ihr rückblickend anders gemacht hättet?

Elena: Ich hätte öfters auf meine Intuition hören sollen. Die Intuition sagt Dir mehr, als Du glaubst. Ich neige dazu, sehr verkopft zu sein, Dinge viel zu sehr zu zerdenken und mich mit anderen zu vergleichen. Sich selbst mehr Glauben und Vertrauen zu schenken, kann Wunder bewirken. Und die Erfahrung hat einfach gezeigt, dass dieser klitzekleine Moment, in dem du eigentlich ganz genau spürst, dass es keine gute Entscheidung ist, aber es dennoch machst, am Ende vor allem in Bezug auf das Zwischenmenschliche, wie Hiring, Investoren, Co-Founder-Suche, dann doch immer recht behalten hat. Außerdem hätten manchmal etwas mehr Geduld und Ausdauer nicht geschadet: Es ist wichtig Dingen auch mal Zeit zu geben.

„Sich selbst mehr Glauben und Vertrauen zu schenken, kann Wunder bewirken.“

Nijuscha: Mhm, ach ja, ich glaube, ich hätte mich mehr mit der Satzung unseres Unternehmensvertrags beschäftigt. Tatsächlich haben wir eine sehr lineare Form gewählt, wo keine Austritte von Mitgründern vorkamen. Einigt euch darauf, was bei Worst-Case-Szenarien zu tun ist, solange ihr Euch noch gut versteht.

Was wünscht du dir von der Politik in Bezug auf das Thema Female Founders?

Elena: Ich wünsche mir, dass das Berufsbild “Entrepreneur” Kindern bereits in der Schule vermittelt wird. Darauf muss frühzeitig hingewiesen werden, damit sich etwas im Bewusstsein der Kinder und damit auch in der Gesellschaft verändert. Vor allem bei Kindern, die nicht aus Unternehmerfamilien kommen oder die einen Migrationshintergrund haben, müssen solche Möglichkeiten früh platziert werden. Hier wünsche ich mir noch viel mehr Unterstützung von der Politik. Außerdem darf einem das Gründen, vor allem aus finanzieller Sicht, nicht so schwer gemacht werden. Es müssen mehr Synergien zwischen Privatwirtschaft und Politik geschaffen werden. Wie toll wäre es, wenn Arbeitgeber verstärkt den Unternehmergeist fördern und sogar bezuschussen würden? Und ganz wichtig, Deutschland muss eine Fehler-positive Kultur entwickeln.

„(…) Deutschland muss eine Fehler-positive Kultur entwickeln.“

Wenn du einen Zauberstab hättest, was würdest du dir zum Thema Gleichberechtigung von Männern und Frauen wünschen?

Nijuscha: Tja, das kann alles sein. Ich glaube, ich würde nicht einfach alle erfolgreichen Leute im Business zu Frauen machen wollen, denn das allein würde nicht viel ändern. Es gibt sowohl Männer als auch Frauen, die auf verschiedene Arten führen, entweder kompetitiv oder kooperativ. Bisher dominieren im Gründungsbusiness eher die kompetitiven Führungskräfte, unabhängig vom Geschlecht. Aber ich wünsche mir, dass der kooperative Ansatz, der im Management mehr Einzug hält, auch in der Gründerszene gefördert wird. Wenn ich zaubern könnte, würde ich diejenigen, die kompetitiv führen, dazu verpflichten, auch kooperative Ansätze einzugehen, da diese oft bessere Ergebnisse erzielen.

„(…) ich wünsche mir, dass der kooperative Ansatz, der im Management mehr Einzug hält, auch in der Gründerszene gefördert wird.“

Wie kann der Staat Gründerinnen/Frauen in der Arbeitswelt besser unterstützen, damit wir der Gleichberechtigung in diesem Bereich näherkommen?

Elena: Der Staat kann wirklich einiges tun: Wiedereinstieg nach der Elternzeit in den Beruf erleichtern, gleicher Anspruch auf Elterngeld für alle darf nicht zur Debatte stehen, mehr Frauen in der Politik, feministische Politik betreiben… und so vieles mehr.

Nijuscha: Ich glaube nicht, dass es nur eine Sache gibt, die getan werden müsste. Ich glaube die Herausforderungen sind sehr unterschiedlich, ein freies Budget für Gründerinnen wäre top. Gerne mit Angabe, wofür es ausgegeben wird, aber halt frei einsetzbar. Dann könnte der Babysitter bezahlt werden und es wären wieder ein paar Minuten mehr Zeit zum Arbeiten. Ich habe z.B. extra Geld ausgegeben um die Stimmung im Team zu beeinflussen, mal Essen mitgebracht, das hätte ich auch aus dem Pot bezahlen können. Leider kann man in den Köpfen der etablierten Entscheider (also z.B. Partnerfirmen) so wenig bewegen, dass es für Frauen einfach mehr Aufwand bleibt.

Elena und Nijuscha, vielen Dank für eure Antworten!

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